Leistung von Solarmodulen oft zu hoch angegeben, Fraunhofer-Institut-Studie enthüllt
Eine umfassende Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) hat enthüllt, dass Solarmodulhersteller seit 2017 zunehmend die Leistungsfähigkeit ihrer Produkte übertrieben darstellen. Die Forschung, die mehr als 70.000 Leistungsmessungen an Photovoltaik-Modulen im Kalibrierlabor des Instituts, CalLab PV Modules, analysierte, zeigt einen besorgniserregenden Trend zur Minderleistung im Vergleich zu den Herstellerspezifikationen.
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Veränderter Trend bei Leistungsabweichungen
Laut der Studie lieferten Solarmodule von 2012 bis 2016 typischerweise Leistungen innerhalb der erwarteten Messtoleranzen, mit Abweichungen von durchschnittlich weniger als einem Prozent. In diesem Zeitraum übertrafen viele Module sogar die Leistungsangaben der Hersteller. Im Jahr 2016 lag der durchschnittliche Unterschied zwischen Herstellerangaben und Labormessungen bei etwa +0,6%, was darauf hindeutet, dass Module generell mehr Leistung lieferten als versprochen.
Jedoch beobachteten die Forscher ab 2017 einen negativen Trend. „Seitdem zeigen die Daten einen negativen Trend“, sagte Daniel Philipp, Leiter der Abteilung Modulcharakterisierung und Zuverlässigkeit am Fraunhofer ISE. Dieser Abwärtstrend wurde besonders zwischen 2020 und 2023 ausgeprägt und gipfelte in einer durchschnittlichen negativen Abweichung von etwa 1,3% im Jahr 2023. Positive Abweichungen – bei denen Module die Herstellerspezifikationen übertrafen – wurden in diesem Zeitraum praktisch nicht mehr beobachtet.
Jüngste Verbesserungen
Die neuesten Daten aus 2024, die auf dem 40. PV-Symposium in Bad Staffelstein vorgestellt wurden, deuten auf eine leichte Umkehr dieses Trends hin, obwohl die Minderleistung mit durchschnittlich 1,2% weiterhin signifikant bleibt. Diese moderate Verbesserung legt nahe, dass Hersteller das Problem der „optimistischen“ Leistungsspezifikationen möglicherweise erkennen und angehen.

Erhebliche reale Auswirkungen
Die Implikationen dieser Erkenntnisse sind für den Solarenergiesektor erheblich. Daniel Philipp erklärte: „Wenn wir davon ausgehen, dass unsere Daten repräsentativ für den deutschen Installationsmarkt sind, entspricht eine durchschnittliche Minderleistung von 1,2% bei einem Zubau von 16,2 Gigawatt im Jahr 2024 einer Gesamtleistung von etwa 195 Megawatt.“ Dieser Fehlbetrag entspricht der Nennleistung eines der größten Solarparks in Deutschland.
Professor Andreas Bett, Institutsleiter am Fraunhofer ISE, betonte die Bedeutung dieser Erkenntnisse: „Die Erkenntnisse machen auch deutlich, wie wichtig eine verlässliche, kontinuierliche und unabhängige Infrastruktur zur Qualitätsüberprüfung von PV-Modulen ist, gerade auch dann, wenn für den deutschen und europäischen PV-Markt eine über 90 prozentige Importabhängigkeit bei den PV-Komponenten vorliegt.“
Strenge Methodik
Die Forschungsmethodik verwendete strenge Filterkriterien, um zuverlässige Schlussfolgerungen zu gewährleisten. Das wissenschaftliche Team entfernte inkonsistente Daten, einschließlich Module ohne Seriennummer, Typenbezeichnung, defekte Module und Module ohne Nominalwert. Zusätzliche Filter wurden angewendet, um statistische Verzerrungen auszuschließen, wie beispielsweise jene, die aus unterschiedlichen Prüfmusteranzahlen je Messkampagne des gleichen Projekts und Typs entstehen, und um sicherzustellen, dass nur Messdaten von neuwertigen Modulen in die Auswertung einflossen.
Um ein Ergebnis zu erzielen, das vor allem repräsentativ für Modulabnehmer ist, wurden nur Daten aus Projekten betrachtet, bei denen der Auftraggeber und der Hersteller nicht übereinstimmen. Außerdem wurden nur Modulhersteller in die Betrachtung einbezogen, die im jeweiligen Betrachtungsjahr zu den Top 10 Herstellern gehörten, sodass insgesamt Module von 15 Herstellern in die Auswertung einflossen.
Das CalLab PV Modules des Fraunhofer ISE unterhält umfassende Maßnahmen zur Qualitätssicherung, die ein stabiles Kalibrierniveau über viele Jahre gewährleisten, was sich auch in regelmäßigen Ringvergleichen zeigt. Dieser rigorose Ansatz ermöglicht robuste Schlussfolgerungen aus solchen statistischen Langzeitbeobachtungen.

Auswirkungen auf die Branche
Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer größeren Transparenz in der Solarmodulindustrie und betonen den Wert unabhängiger Testeinrichtungen wie das CalLab PV Modules des Fraunhofer ISE. Da die Solarindustrie mit ambitionierten Installationszielen in ganz Europa rasch wächst, wird es zunehmend wichtiger, sicherzustellen, dass Verbraucher und Projektentwickler die Leistung erhalten, für die sie bezahlen.
Die leichte Verbesserung, die im Jahr 2024 beobachtet wurde, gibt Hoffnung, dass die Branche sich in Richtung genauerer Leistungsangaben bewegt. Das Fortbestehen signifikanter Minderleistungen deutet jedoch darauf hin, dass eine kontinuierliche Überwachung und möglicherweise auch regulatorische Aufmerksamkeit erforderlich sein könnten, um das Problem vollständig anzugehen.
Für Verbraucher und Solaranlagen-Entwickler unterstreicht die Forschung die Bedeutung einer unabhängigen Überprüfung der Modulleistung vor der großflächigen Beschaffung und Installation, insbesondere für Projekte, bei denen präzise Ertragsberechnungen für die Finanzplanung entscheidend sind.
Mit der Reifung der Solarindustrie und der Intensivierung des Wettbewerbs werden genaue Leistungsangaben wahrscheinlich zu einem zunehmend wichtigen Faktor für den Herstellerruf und die Marktpositionierung. Die fortlaufende Überwachung durch das Fraunhofer ISE wird wertvolle Einblicke liefern, ob die moderate Verbesserung, die im Jahr 2024 beobachtet wurde, den Beginn eines nachhaltigen Trends zu genaueren Leistungsspezifikationen darstellt.